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E-Rechnungspflicht 2025–2028


Was Office- & ERP-Teams jetzt umstellen müssen

Die Umsetzung der e-Rechnungspflicht wird in den kommenden Jahren zu einer der größten Veränderungen im kaufmännischen Rechnungswesen seit der Einführung der GoBD. Die Relevanz ist enorm: In Deutschland werden jährlich rund 36 Milliarden Rechnungen ausgestellt, davon etwa 19 Milliarden im B2B-Bereich. Laut Bitkom und Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) werden bisher jedoch nur knapp 30% dieser Rechnungen elektronisch und strukturiert verarbeitet, der Großteil liegt noch in Papierform oder als unstrukturierte PDF vor. Mit der Pflicht zur e-Rechnung sollen Effizienz, Transparenz und Steuerkontrolle verbessert werden. Für Unternehmen bedeutet dies, ihre Prozesse in Einkauf, Vertrieb, Buchhaltung und IT nachhaltig umzustellen. 

Zeitplan & Übergangsregeln

Der Zeitplan und die Übergangsregeln der E-Rechnungspflicht 2025–2028 sind präzise gestaffelt und betreffen alle inländischen Unternehmen im B2B-Bereich. Nachfolgend sind die wichtigsten Eckpunkte, Ausnahmen sowie Übergangsfristen und Besonderheiten zur Umsetzung praxisnah zusammengefasst .

Abgrenzung & Geltungsbereich

Ab dem 01.01.2025 ist die E-Rechnung gemäß EN 16931 im B2B-Inlandsverkehr der Regelfall. Klassische PDF-Dateien gelten nicht mehr als E-Rechnung, sondern als „sonstige Rechnung“. Für die Empfangspflicht gibt es keine Übergangsregel: Jedes Unternehmen muss ab sofort E-Rechnungen empfangen können, mindestvorausgesetzt wird ein E-Mail-Postfach. Von der Ausstellungspflicht ausgenommen sind weiterhin B2C-Geschäfte, zahlreiche steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 8-29 UStG), Kleinbetragsrechnungen bis 250 € brutto, Fahrausweise, Leistungen von Kleinunternehmern sowie Rechnungen an bestimmte juristische Personen. Bei grenzüberschreitendem Geschäft entfällt die Pflicht nach § 14 UStG grundsätzlich, etwa bei Partnern aus anderen EU-Ländern oder Drittstaaten.

2025–2026: Sofortige Empfangspflicht, Übergangsregeln für die Ausstellung

Empfangen: Alle inländischen Unternehmen müssen ab 01.01.2025 E-Rechnungen erhalten können, ohne Ausnahme .

Ausstellen/Versenden: Bis 31.12.2026 können Unternehmen weiterhin Papier- oder sonstige elektronische Rechnungen (z. B. PDF per E-Mail) ausstellen. Elektronische „sonstige Rechnungen“ sind aber nur mit Zustimmung des Empfängers möglich, diese kann formlos erteilt werden, etwa per AGB oder konkludenter Vereinbarung .

2027: Staffelung nach Vorjahresumsatz, EDI-Übergangsregel

Schwellenwert: Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von mehr als 800.000 € müssen ab 01.01.2027 zwingend E-Rechnungen ausstellen. Unternehmen mit geringerem Umsatz dürfen bis Ende 2027 weiterhin „sonstige Rechnungen“ ausstellen .

EDI-Bestandsschutz: Nicht EN-konforme EDI-Lösungen dürfen mit Zustimmung des Empfängers bis 31.12.2027 weiter eingesetzt werden .

2028: Vollständige Ausstellungspflicht

  • Ab dem 01.01.2028 gilt die Ausstellungspflicht für alle Umsätze im Geltungsbereich, sofern keine der genannten Ausnahmen greift .

  • Die Empfangspflicht besteht bereits seit 2025 .

Praktische Details & Sonderregelungen

  • Das Zustimmungsprinzip bei „sonstigen elektronischen Rechnungen“ (z. B. PDF): Die Zustimmung des Empfängers genügt bis Ende 2026, während Papierrechnungen immer zulässig bleiben .

  • Dauerrechnungen, die vor 01.01.2027 als „sonstige Rechnung“ gestellt wurden, müssen nicht nachträglich umgestellt werden, sofern Pflichtangaben unverändert bleiben .

  • Barkäufe über 250 € sind grundsätzlich e-rechnungspflichtig; ein pragmatisches Vorgehen laut BMF-FAQ: Zuerst Beleg, danach zusätzliche E-Rechnung per E-Mail .

  • Der strukturierte Teil der E-Rechnung (z. B. XML) muss archiviert werden, der visuelle Teil (etwa PDF bei Factur-X) nur, wenn steuerlich relevante Zusatzinformationen enthalten sind.

Beispiele aus der Praxis

Szenario Ausstellung ab 2025 Ausstellung ab 2027 Ausstellung ab 2028

Handwerksbetrieb, 600.000 €

Papier/PDF mit Zustimmung

Weiterhin Papier/PDF mit Zustimmung

Nur E-Rechnung

Software-Dienstleister, 2,5 Mio. €

Papier/PDF mit Zustimmung

Ab 2027 nur E-Rechnung

Nur E-Rechnung

Lieferung ins Ausland

Keine Pflicht nach § 14 UStG

Keine Pflicht nach § 14 UStG

Keine Pflicht

 

Was gilt als E-Rechnung und was nicht?

Eine E-Rechnung ist nicht einfach nur eine digital verschickte Rechnung im PDF-Format. Entscheidend ist, dass sie einem strukturierten elektronischen Format nach der europäischen Norm EN 16931 entspricht. Nur dann können die enthaltenen Daten automatisiert von IT-Systemen gelesen und verarbeitet werden.

Als anerkannte Formate gelten insbesondere XRechnung und Factur-X/ZUGFeRD:

  • XRechnung ist die deutsche Ausprägung („CIUS“) der EN 16931 und für die öffentliche Verwaltung verbindlich vorgegeben. Sie basiert vollständig auf maschinenlesbaren XML-Daten.

  • Factur-X/ZUGFeRD verbindet zwei Welten: Die Rechnung wird sowohl als XML-Datei für die maschinelle Weiterverarbeitung bereitgestellt als auch als PDF, das für Menschen leicht lesbar bleibt.

Wichtig ist: Eine reine PDF-Rechnung, selbst wenn sie per E-Mail verschickt wird, erfüllt nicht die Anforderungen an eine E-Rechnung. Grundlage der verschiedenen Formate bilden standardisierte technische Syntaxen wie UBL oder UN/CEFACT CII, die von gängigen Softwarelösungen unterstützt werden. Damit wird sichergestellt, dass Rechnungen unternehmensübergreifend, einheitlich und ohne Medienbrüche verarbeitet werden können.

Übertragungswege für E-Rechnungen im B2B

Die Übermittlung von E-Rechnungen im B2B-Bereich ist nicht auf einen bestimmten Kanal begrenzt: Unternehmen können zwischen verschiedenen etablierten Wegen wählen. Zu den gängigen Methoden zählen insbesondere Peppol-Netzwerke, E-Mail-basierte Gateways sowie direkte API- oder Webservice-Anbindungen. Im Gegensatz zur öffentlichen Verwaltung, wo beispielsweise die Leitweg-ID verpflichtend ist, entfällt dieses Erfordernis im B2B-Kontext. Somit bleibt die Wahl des Übertragungswegs flexibel, was insbesondere für Unternehmen mit unterschiedlichen Partnerstrukturen relevant ist.

GoBD-Änderung 2025: Archivierung im Originalformat

Am 14. Juli 2025 wurde die GoBD grundlegend überarbeitet und bringt bedeutende Änderungen für die Archivierung von E-Rechnungen. Ab sofort genügt es, dass Unternehmen lediglich den strukturierten Teil der Rechnung, meist das XML-Dokument, dauerhaft aufbewahren. Der menschenlesbare Teil (wie ein PDF bei hybriden Formaten etwa ZUGFeRD oder Factur-X) muss dagegen nur archiviert werden, wenn darin steuerlich relevante Zusatzinformationen enthalten sind, beispielsweise Buchungsvermerke oder Anmerkungen zur Verarbeitung. Eingehende Belege sind stets im empfangenen Format aufzubewahren; eine Konvertierung ist nur zulässig, wenn sie den GoBD-Vorgaben entspricht.

Validierung und Korrekturen von E-Rechnungen

Im Entwurfsschreiben vom 25. Juni 2025 hebt das Bundesministerium der Finanzen die Bedeutung einer Validierung gegen EN 16931 und der einschlägigen Geschäftsregeln hervor. Eine sogenannte Vorkontrolle (Pre-Validation) wird beim Versand und bei der Weiterverarbeitung dringend empfohlen, um die Qualität und Konformität der E-Rechnung zu sichern. Treten Formfehler im strukturierten Bereich der Rechnung auf, kann dies unmittelbar die Konformität der E-Rechnung beeinträchtigen und zu Verzögerungen oder Ablehnungen führen.

Auswirkungen auf Kernprozesse

Die Einführung der e-Rechnungspflicht betrifft nicht nur die Dokumentenformate, sondern verändert auch zentrale Unternehmensprozesse. Sowohl Eingangs- (Procure-to-Pay/P2P) als auch Ausgangsrechnungen (Order-to-Cash/O2C) erfordern künftig standardisierte Abläufe, um gesetzlichen Vorgaben und Effizienzanforderungen gerecht zu werden.

Eingangsrechnungen (P2P)

Eingangskanäle harmonisieren: Rechnungen können künftig über standardisierte Netze wie Peppol, zentrale E-Mail-Adressen oder Upload-Portale empfangen werden. Einheitliche Empfangskanäle vereinfachen die Verarbeitung und reduzieren Fehlerquellen.

Validierung & Plausibilisierung: Neben den formalen EN-Standards sind Business-Regeln, Plausibilitätsprüfungen und Stammdaten-Checks (z. B. gegen Lieferantenstammdaten) erforderlich. Dies verhindert falsche Buchungen und fördert die Prozessqualität.

Workflow & Freigaben:Drei-Wege-Abgleiche zwischen Bestellung, Wareneingang und Rechnung gewährleisten korrekte Zahlungen. Vertretungsregelungen und Eskalationspfade sichern Prozesskontinuität.

Buchung & Zahlung: Ziel ist eine höhere Dunkelbuchungsquote, also automatisierte Buchungen ohne manuelle Eingriffe. Gleichzeitig können Skontofristen durch beschleunigte Prozesse besser ausgenutzt werden.

Archivierung: Die Aufbewahrung muss GoBD-konform erfolgen. Das Original-XML wird unverändert archiviert, ein ergänzendes PDF dient nur zur Beleglesbarkeit oder wenn Zusatzinformationen enthalten sind.

Ausgangsrechnungen (O2C)

Formatstrategie: Standardformate wie XRechnung und Factur-X werden verpflichtend. Unternehmen müssen prüfen, ob sie zusätzlich Kundenpräferenzen berücksichtigen müssen.

Stammdatenqualität: Steuer- und Unternehmensdaten wie USt-ID, Leitwährung, Leistungstyp oder organisatorische Zugehörigkeiten müssen konsistent und korrekt gepflegt sein.

Versandkanal: Rechnungen werden über Peppol-Netzwerke, APIs oder E-Mail-Gateways zugestellt. Zustellnachweise sind für die rechtliche Absicherung unerlässlich.

Fehlerbehandlung: Prozesse zur Nachbearbeitung fehlerhafter Rechnungen (Validierungsfehler, Korrekturen oder Stornos) sollten standardisiert werden.

Reporting: Kennzahlen wie Durchlaufzeiten, Retourenquote, Fehlerquote oder Days Sales Outstanding (DSO) helfen, Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und Prozesse kontinuierlich zu verbessern.

Organisation & Governance

Rollen & RACI-Matrix: Fachbereiche, Finanzabteilungen, IT, Einkauf, Steuer- und Datenschutzteams brauchen klare Zuständigkeiten, damit Compliance und Effizienz garantiert bleiben.

Verfahrensdokumentation: Änderungen an Prozessen, IT-Systemen und Kontrollen müssen GoBD-konform dokumentiert und regelmäßig aktualisiert werden.

Lieferanten- und Kunden-Onboarding: Eine gestufte Einführung mit Musterschreiben, Testläufen und technischer Unterstützung hilft, Geschäftspartner frühzeitig einzubinden und Reibungsverluste zu reduzieren.

KPIs: Um die Wirksamkeit der neuen Prozesse zu messen, bieten sich Kennzahlen an wie:

  • Durchlaufzeiten von Eingangs- und Ausgangsrechnungen

  • Dunkelbuchungsquote als Automatisierungsmaß

  • Fehlerquote bzw. Anteil an Validierungsfehlern

  • Anteil strukturierter Belege

  • First-time-Right-Rate, also fehlerfreie Abwicklung beim ersten Durchlauf

Fazit

Die e-Rechnungspflicht 2025 - 2028 bringt für Unternehmen in Deutschland einen tiefgreifenden Wandel. Was auf den ersten Blick wie eine zusätzliche gesetzliche Last wirken mag, eröffnet auf lange Sicht erhebliche Chancen: deutlich effizientere Prozesse, weniger Fehler durch manuelle Eingriffe, bessere Liquiditätssteuerung sowie eine höhere Transparenz in Einkauf, Vertrieb und Buchhaltung.

Wer frühzeitig handelt, verschafft sich klare Vorteile. Denn die Umstellung betrifft nicht nur IT-Systeme, sondern auch Organisation, Datenqualität und die Zusammenarbeit mit Kunden und Lieferanten. Unternehmen, die jetzt ihre Kernprozesse harmonisieren, Validierungen etablieren und eine stringente Governance aufbauen, können nicht nur die gesetzlichen Fristen erfüllen, sondern ihre Finanzprozesse insgesamt auf ein zukunftsfähiges Fundament stellen.

Kurzum: Die e-Rechnungspflicht ist mehr als ein Regulierungsschritt, sie ist ein Treiber der Digitalisierung im Rechnungswesen und ein strategischer Hebel für mehr Wettbewerbsfähigkeit.

 

 

Abkürzungen:
GoBD: Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff
BDI: Bundesverband der Deutschen Industrie
PDF: Portable Document Format
IT: Informationstechnologie
EN: European Norm
Nr.: Nummer
UStG: Umsatzsteuergesetz
AGB: Allgemeine Geschäftbedingungen

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